BGR registriert vermutlichen vierten nordkoreanischen Kernwaffentest

REGION:Provinz Nord-Hamgyong, Nordkorea
DATUM:06.01.2016
HERDZEIT:01:30:00.5 UTC
BREITE:41,286 N
LÄNGE:129,101 E
TIEFE:1 km
MAGNITUDE:mb 5.1

Letzte Änderung: 06. Januar 2016 9:40 MEZ



Am 6. Januar 2016 um 01:30 Uhr Weltzeit (10:00 Uhr Ortszeit, 02:30 Uhr MEZ) wurde in der nordkoreanischen Provinz Nord-Hamgyong vermutlich ein weiterer unterirdischer Kernwaffentest durchgeführt. Die seismischen Signale wurden auch von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) registriert. An der BGR ist das Nationale Datenzentrum für die Überwachung des Kernwaffenteststoppabkommens (CTBT - Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty) angesiedelt. Mit Hilfe der seismischen Messstationen des internationalen Überwachungsnetzes (IMS - International Monitoring System) der CTBT-Organisation in Wien, für das auch die BGR Stationen betreibt, konnte das Ereignis in hoher Präzision lokalisiert und als Explosion identifiziert werden. Nach dem bisherigen Stand der Auswertung sprechen viele Indizien für eine Nuklearexplosion.
Die Druckwelle, welche durch die Explosion ausgelöst wurde, konnte von den seismischen Messstationen des IMS bereits nach kurzer Zeit registriert und der Explosionsort bestimmt werden. Das Epizentrum des aktuellen Ereignisses stimmt mit dem der ersten verifizierten Tests in Nordkorea von 2006, 2009 und 2013 überein.



Lage des seismischen Ereignisses

Abbildung 1: Karte mit der Lage des seismischen Ereignisses (Stern) und den nächstgelegenen seismischen Messstationen des IMS und lokaler Messnetze.

Die seismischen Signale wurden auch an der 8200 km entfernten deutschen Messstation GERES im Bayerischen Wald, die von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) als Teil des IMS betrieben wird, ca. 11,6 Minuten nach der erfolgten Explosion registriert. Abbildung 2 zeigt das registrierte Seismogramm der Station GERES im Vergleich mit den bisher durchgeführten Atomtests in Nordkorea am 9.10.2006, 25.05.2009 und am 12.02.2013. Abbildung 3 zeigt die Registrierung des Seismogramms am Gräfenberg-Array (GRF) auf der Fränkischen Alb. Die Bodenbewegungen aller Ereignisse stimmen überein, lediglich die Stärke ist unterschiedlich. So wurde diesmal eine Magnitude (Raumwellenmagnitude) von mb 5,1 bestimmt. Dies entspricht in etwa einer Ladungsstärke von 14±4.1 Kilotonnen (kt) TNT-Äquivalent. Im Vergleich dazu betrug die Ladungsstärke 2006 etwa 0.7 kt (mb 4,1), 2009 etwa 5,4 kt (mb 4,8) und 2013 14 kt (mb 5,1).



Seismogramm der Station GERES Seismogramm der Station GERES Seismogramm der Station GERES Seismogramm der Station GERES

Abbildung 2: Vergleich der Seismogramme der nordkoreanischen Atomtests registriert an der deutschen Seismometerstation GERES im Bayerischen Wald. Der erste Ausschlag der gezeigten Seismogramme stellt die Kompressionswelle (die sogenannte P-Welle) dar.

Seismogramm der Station GRF

Abbildung 3: Vergleich der Seismogramme der nordkoreanischen Atomtests am Gräfenberg-Array (GRF) auf der Fränkischen Alb. Das GRF-Array dient als nationales technisches Verifikationsmittel im Rahmen des Teststoppabkommens. Die Wellenform unterscheidet sich aufgrund anderer Untergrundverhältnisse etwas von der Registrierung bei GERES.

Zur Identifikation der Sprengung als Kernwaffentest dienen Stationen zur Messung der radioaktiven Isotope in der Luft. Mithilfe dieser Stationen kann die so genannte 'smoking gun' (ein potenziell kritisches Ereignis) bestimmt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei unterirdischen Kernsprengungen vor allem Xenonisotope gemessen werden. Deshalb ist ein Teil der IMS-Radionuklidstationen zusätzlich mit Messgeräten zur Messung dieses Edelgases ausgerüstet. Alle zur Zeit in Betrieb befindlichen IMS-Radionuklidstationen im Umkreis des nordkoreanischen Testgeländes sind in Abbildung 4 dargestellt.



IMS-Radionuklidmessnetz

Abbildung 4: Karte mit der Lage des Explosionsortes in Nordkorea (Stern) und den nächstgelegenen IMS-Radionuklidmessstationen

Der Nachweis von radioaktiven Xenonisotopen an diesen Stationen wird in diesem Fall noch einige Tage bis Wochen dauern. Diese Isotope, die als Folge einer unterirdischen Kernsprengung entstehen, treten erst mit einer Verzögerung von Stunden bis Tagen aus dem Gebirgsmassiv aus. Der Transport durch die Atmosphäre von der Quelle zu den Stationen hängt danach wesentlich von den aktuellen meteorologischen Bedingungen ab und kann wiederum einige Tage dauern. In Abbildung 5 ist die atmosphärische Ausbreitung potentiell freigesetzter Radionuklide vom nordkoreanischen Testgebiet simuliert, wenn bereits wenige Stunden nach der Explosion eine Xenonemission aus dem Boden in die Atmosphäre erfolgen würde.



Atmosphärische Ausbreitungsmodellierung

Abbildung 5: Atmosphärische Ausbreitungsmodellierung für einen unmittelbaren Entlass von Radioisotopen aus der nordkoreanischen Quellregion basierend auf meteorologischen Vorhersagedaten (NCEP). Die Einzelbilder stellen die Ausbreitung und die Konzentration der potentiell freigesetzten Radionuklide nach ein bis sechs Tagen dar.

Animation Atmosphärische Ausbreitungsmodellierung

Abbildung 6: Simulation der atmosphärischen Ausbreitung mit GFS-Vorhersagedaten (NCEP) und dem Modell HYSPLIT (NOAA) für eine fiktive sofortige einstündige Freisetzung am nordkoreanischen Testgelände ab 1:30 UTC am 06.01.2016. Die logarithmische Skala gibt die relative Konzentration pro m³ Luft bezogen auf die absolut freigesetzte Aktivität an.

Weitere Informationen: http://www.kernwaffenteststopp.bgr.de
Tel.: 0170-2357564 (Hotline, täglich 08:30 - 16:30 Uhr)
E-Mail: Seisinfo@bgr.de

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