BGR registriert mutmaßlichen Nukleartest Nordkoreas

REGION:Provinz Nord-Hamgyong, Nordkorea
DATUM:03.09.2017
HERDZEIT:03:30:00 UTC
BREITE:41,3 N
LÄNGE:129,1 E
TIEFE:1 km
MAGNITUDE:mb 6.1

Letzte Änderung: 04. September 2017 12:30 MESZ




Am 3. September 2017 um 03:30 Uhr Weltzeit (12:00 Uhr Ortszeit, 05:30 Uhr MESZ) wurde in der nordkoreanischen Provinz Nord-Hamgyong vermutlich ein weiterer unterirdischer Kernwaffentest durchgeführt. Die seismischen Signale wurden auch in Deutschland von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) registriert.



Lage des seismischen Ereignisses

Abbildung 1: Karte mit der Lage des seismischen Ereignisses (Stern) und den nächstgelegenen seismischen Messstationen des IMS und lokaler Messnetze.

Die BGR hat die Signale an ihrer 8 200 km entfernten deutschen IMS-Messstation GERES im Bayerischen Wald ca. 11,6 Minuten nach der Explosion aufgezeichnet. Das Epizentrum des aktuellen Ereignisses stimmt mit den Kernwaffentests in Nordkorea am 9. Oktober 2006, 25. Mai 2009, 12. Februar 2013 sowie am 6. Januar und 9. September 2016 überein und kann dem nordkoreanischen Testgelände zugeordnet werden. Im Vergleich zu den vorherigen Tests mit Magnituden zwischen 4,1 und 5,3, ist bei der aktuellen Explosion mit einer Magnitude von 6,1 eine erhebliche Steigerung zu verzeichnen. Während die Sprengkraft der letzten Tests 2013 bis 2016 im Bereich von 10 bis 25 Kilotonnen TNT-Äquivalent lag, liegt die Sprengkraft der Explosion vom 3. September 2017 nach ersten Abschätzungen im Bereich weniger hundert Kilotonnen TNT-Äquivalent.



Seismogramm der Station GERES Seismogramm der Station GERES Seismogramm der Station GERES Seismogramm der Station GERES Seismogramm der Station GERES Seismogramm der Station GERES

Abbildung 2: Vergleich der Seismogramme der nordkoreanischen Atomtests registriert an der deutschen Seismometerstation GERES im Bayerischen Wald. Der erste Ausschlag der gezeigten Seismogramme stellt die Kompressionswelle (die sogenannte P-Welle) dar.

Die Explosion ist somit um ein Vielfaches stärker als die bisherigen Nukleartests Nordkoreas. Anhand der seismologischen Registrierungen ist allerdings nicht möglich, direkt zwischen einem ausschließlich auf Kernspaltung beruhendem Design oder einer thermonuklearen Explosion (Prinzip der Kernfusion, Wasserstoffbombe) zu unterscheiden.
Der eindeutige Nachweis des nuklearen Ursprungs der Explosion ist nur möglich, sofern Spuren radioaktiver Spalt- oder Aktivierungsprodukte in die Atmosphäre gelangen und nachgewiesen werden können. Ein solcher Nachweis spezifischer Xenon-Isotope gelang nach den nordkoreanischen Nukleartests 2006 und 2013. Vorhersagen des aktuellen atmosphärischen Transports deuten auf eine anfängliche Ausbreitung in nordöstliche Richtung über russisches Gebiet. Durch spätere Freisetzungen oder längere Transportwege kann es aber auch noch nach mehreren Wochen und an anderen Orten zum Nachweis von zugehörigen Radionukliden kommen.



IMS-Radionuklidmessnetz

Abbildung 4: Karte mit der Lage des Explosionsortes in Nordkorea (Stern) und den nächstgelegenen IMS-Radionuklidmessstationen

Atmosphärische Ausbreitungsmodellierung
Animierte Atmosphärische Ausbreitungsmodellierung

Abbildung 5: Atmosphärische Ausbreitungsmodellierung für einen unmittelbaren Entlass von Radioisotopen aus der nordkoreanischen Quellregion basierend auf meteorologischen Vorhersagedaten (NCEP). Die Einzelbilder stellen die Ausbreitung und die Konzentration der potentiell freigesetzten Radionuklide nach ein bis sechs Tagen dar (oben). Darunter ist eine animierte Ausbreitungsmodellierung dargestellt.

Etwa achteinhalb Minuten nach der Explosion hat sich am gleichen Ort ein weiteres Beben ereignet. Die Betrachtung regionaler Stationen in Entfernungen von 370 bis 700 km zum nordkoreanischen Testgelände zeigen, dass es sich hierbei um Erdbeben handelt, dessen Amplituden 60-mal kleiner waren, als die der vorangegangen Explosion. Ob es sich hierbei um einen Einsturz des Hohlraums oder ein tektonisches Nachbeben - ausgelöst durch die starke Explosion - handelt, lässt sich zum jetzigen Stand der Untersuchungen noch nicht sagen.


Zum Hintergrund:

An der BGR ist das Nationale Datenzentrum für die Überwachung des Kernwaffenteststoppabkommens (CTBT - Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty) angesiedelt. Mit Hilfe des internationalen Überwachungsnetz (IMS - International Monitoring System) der CTBT-Organisation in Wien, für das auch die BGR Stationen betreibt, konnte das Ereignis in hoher Präzision lokalisiert und als Explosion identifiziert werden. Nach dem bisherigen Stand der Auswertung sprechen starke Indizien für eine Nuklearexplosion.

Weitere Informationen:


zum Thema Kernwaffenteststoppabkommen: http://www.kernwaffenteststopp.bgr.de

Fachliche Ansprechpartner:

Seismologe vom Dienst, Tel.: 0170-2357564 (Hotline, täglich 08:30 - 16:30 Uhr)
E-Mail: Seisinfo@bgr.de
Dr. Lars Ceranna, Tel.: 0160-7481797; E-Mail: lars.ceranna@bgr.de

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