Lombok: Erdbeben verursachen Verschiebung an der Oberfläche - Seismologische und radarinterferometrische Messungen an der BGR ausgewertet.

REGION:Lombok / Java,Indonesien
DATUM:28.07.201805.08.201819.08.201819.08.2018
HERDZEIT:22:47:38 UTC11:46:38 UTC04:10:21 UTC14:56:28 UTC
BREITE:8.24 S 8.26 S 8.33 S 8.32 S
LÄNGE:116.51 E116.44 E116.58 E116.63 E
TIEFE:14 km31 km8 km26 km
MAGNITUDE:6.4 (USGS)6.9 (USGS)6.3 (USGS)6.9 (USGS)

Letzte Modifikation: 22. August 2018 15:00 MESZ



Am 05. August 2018 ereignete sich um 11:46 UTC (19:46 Ortszeit) ein Erdbeben der Magnitude 6,9 auf der zur Provinz Nusa Tenggara Barat gehörenden indonesischen Insel Lombok. Das Erdbeben mit einer Tiefe von ungefähr 31 Kilometern führte bisher zu mehr als 300 Toten und zu erheblichen Gebäudeschäden. Bereits eine Woche zuvor ereignete sich an nahezu dem gleichen Ort ein Erdbeben der Stärke 6,4 (28. Juli 2018, 22:47 UTC), jedoch nur in einer Tiefe von etwa 14 km. Es fanden zahlreiche Nachbeben statt, deren Häufigkeit in den folgenden Tagen deutlich abnahm, bevor es am 19. August 2018 auf Lombok erneut zu zwei heftigen Erdbeben mit Magnituden von 6.3 (04:10 UTC, Tiefe 8 km) und 6.9 (14:56 UTC, Tiefe 26 km) kam.



Seismizität im indisch-pazifischen Raum

Abbildung 1: Seismizität im indisch-pazifischen Raum. Die roten Punkte markieren die Erdbeben der letzten 40 Jahre.

Epizentren der Erdbebenserie auf Lombok

Abbildung 2: Epizentren der Erdbebenserie im Juli / August 2018 auf Lombok

Die Erdbeben konnten von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) an Erdbebenstationen in Deutschland detektiert und ausgewertet werden. Die Epizentren befindet sich ca. 50 bzw. 60 km nordöstlich der Stadt Mataram. Die Insel Lombok ist Teil der Sundainseln und liegt wie Java und Sumatra an einer der weltweit aktivsten Plattengrenzen. Ursache der Erdbeben und des Vulkanismus im Bereich Javas ist die Bewegung der australischen Platte, die sich mit einer Geschwindigkeit von ca. 5 bis 7 cm/Jahr nach Norden bewegt und sich in einer sogenannten Subduktionszone unter die Sundaplatte schiebt. Im Kontaktbereich der beiden Platten werden kontinuierlich Spannungen aufgebaut, die sich in Form von größeren Erdbeben abbauen.



Herdmechanismen für das Erdbeben auf Lombok

Abbildung 3: Herdmechanismen für das Erdbeben am 5.8.2018 auf Lombok, berechnet von verschiedenen seismologischen Institutionen (Quelle: EMSC, https://www.emsc-csem.org/Images/MT/2018/GLIKZ.jpg).

Aus seismologischen Messungen zahlreicher seismischer Messstationen lässt sich ein sogenannter Herdmechanismus ableiten, der geometrisch zum Ausdruck bringt, in welcher Art und Richtung sich die beiden an einem Erdbeben beteiligten Platten entlang einer Störungszone bewegt haben. Eine solche Untersuchung wurden von einigen seismologischen Instituten auch für die Beben von Lombok durchgeführt. Die Ergebnisse sind für alle betrachteten Erdbeben ähnlich, wie es zum Beispiel für das Beben am 5. August 2018 in Abbildung 3 dargestellt ist. Daraus wird ersichtlich, dass es sich bei diesem Erdbeben um eine Überschiebung entlang einer O-W verlaufenden Störungszone handelt. Ein Überschiebungsmechanismus ist typisch für den oberen Bereich einer Subduktionszone und wird in den meisten Subduktionzonen der Welt beobachtet. Bei den aktuellen Erdbeben vom Lombok ist die Lage jedoch komplex: Aufgrund der Herdtiefe von maximal 35 km ist das Beben nicht unmittelbar auf die Kontaktzone der Subduktion zurückzuführen, die in diesem Bereich deutlich tiefer als 100 km liegt. Das Erdbeben ist dem westlichen Teil der Flores-Störungszone zuzuordnen, die im Becken und Grabenbereich nördlich der beginnenden Subduktion in O-W-Richtung verläuft.



Seismogramm der Seismometerstation GRA1

Abbildung 4: Aufzeichnung des Erdbebens am 5.8.2018 an der Seismometerstation GRA1 auf dem Fränkischen Jura bei Nürnberg. Die breitbandige Registrierung zeigt neben den Raumwellen auch die Oberflächenwellen des Erdbebens, die meist die stärksten gemessenen Ausschläge darstellen.

Die Erdbebensignale des Bebens auf Lombok trafen nach mehr als 14 Minuten an den in Deutschland betriebenen Seismometerstationen ein. An der Station GRA1 (siehe Abbildung 4) stellen die ersten, etwas schwachen Signale die Kompressionswelle dar, die aufgrund der Entfernung zum Erdbebenherd in diesem Falle die am Erdkern gebeugte, sogenannte Pdiff-Welle ist. Danach folgen die Scherwellen (S-Phasen) und die Oberflächenwellen, die gewöhnlich mit den stärksten Amplituden im Seismogramm auftreten. Aus den Oberflächenwellen konnte eine Magnitude von 6,9 abgeleitet werden.

Zeitliche Verteilung der Nachbeben

Abbildung 5: Zeitliche Verteilung der Nachbeben zwischen dem 28. Juli und dem 21. August 2018.

Bisher konnten zahlreiche Nachbeben registriert werden. Nach dem ersten Hauptbeben am 28. Juli 2018 mit Magnitude 6.4 nahm die Nachbebentätigkeit schnell ab, bevor sich am 5. August 2018 das noch stärkere zweite Beben mit Magnitude 6.9 ereignete und eine über mehrere Tage anhaltende Aktivität bewirkte. Am 17. August 2018 ereignete sich ein Erdbeben der Magnitude 6.5 etwa 350 km nordöstlich von Lombok unter dem Meeresboden der Flores See. In einer Tiefe von über 500 km liegt das Hypozentrum aber vermutlich direkt im Bereich der Subduktionszone zwischen der australischen und der Sundaplatte und gehört nicht unmittelbar zur Lombok-Nachbebenserie (in Abbildung 5 hellblau markiert). Erst am 19. August waren es wieder zwei starke Erdbeben mit Magnituden von 6.3 und 6.9, die Lombok erschütterten und zahlreiche Nachbeben nach sich zogen. Auffallend ist, dass sich die Nachbeben des Ereignisses vom 5. August vom Herd nach Westen ausbreiten, wohingegen sich die Nachbeben der Ereignisse vom 19. August hauptsächlich in östliche Richtung ereigneten (siehe Abbildung 2). Die Nachbeben markieren die ungefäre Ausdehnung der Bruchfläche, die durch die Erdbebenserie aktiviert wurde. Der zeitliche Verlauf der Erdbeben lässt auch in den nächsten Monaten noch weitere Nachbeben erwarten.



Oberflächenveränderungen auf Lombok

Abbildung 6: Verschiebung der Erdoberfläche im Zeitraum 30.07.2018 - 05.08.2018. Rötliche Bereiche zeigen eine Senkung (im Mittel ca. 11 cm), blaue Bereiche eine Hebung (ca. 25 cm). Erdbebenlokationen im zugehörigen Zeitraum sind als orange Punkte markiert. Angaben zum Hauptbeben sind in fetter Schrift hervorgehoben (Datum, Magnitude, Tiefe des Erdbebens). Die Abbildung enthält modifizierte Copernicus-Sentinel-Daten 2018.

Zur Detektion von Oberflächendeformationen in Folge der Erdbeben vom 30. Juli - 5. August 2018 in Lombok, wurden zwei Copernicus Sentinel-1 A/B Radarszenen ausgewertet. Dazu wurde die interferometrische Phase, die einen Rückschluss auf Entfernungsänderungen zwischen Satellit und Erdoberfläche gibt, berechnet. Das angewandte Verfahren ist unter dem Namen "Differentielle SAR-Interferometrie (DInSAR)" bekannt. Das Ergebnis der DInSAR Prozessierung zeigt die Verschiebung der Erdoberfläche im genannten Zeitraum in Line-of-Sight (LOS) des Satelliten (siehe Abbildung 6).

Die stärksten Oberflächendeformationen sind im Küstenbereich im Norden Lomboks sichtbar. Durch Kompression der Erdkruste entlang der Flores-Störungszone kommt es zu Überschiebungen, die als Oberflächendeformationen in Form von Hebung im Norden und Senkung im Süden zu beobachten sind. Der aus den seismologischen Daten abgeleitete Herdmechanismus (Abbildung 3) erlaubt für sich alleine noch nicht die eindeutige Festlegung der tatsächlichen Bruchfläche. Es ergibt sich wie bei jedem Herdmechanismus eine Zweideutigkeit. Die zwei sogenannten Nodalflächen zeigen im Fall der Lombok-Beben zum einen eine sehr flache, nach Süden abfallende Überschiebungsbahn und zum anderen eine steil nach Norden abfallende Fläche an. Die Kombination des Herdmechanismus mit den Hebungs- und Senkungsbereichen aus den interferometrischen Messungen (Abbildung 6) liefert ein starkes Argument dafür, dass die steil stehende Fläche eher als tatsächliche Bruchfläche in Frage kommt. Nur für diese Fläche ergibt sich eine Hebung nördlich des Erdbebens und eine Senkung weiter südlich, wie sie aus den Satellitendaten abgeleitet wurden. Das vorliegende Beispiel verdeutlicht sehr gut wie man durch Kombination der seismologischen und geodätischen Messungen und Analysen zu einem besseren Verständnis des Erdbebenprozesses bei Starkbeben kommt.

Ansprechpartner:
Dr. Thomas Plenefisch - Thomas.Plenefisch@bgr.de - 0511 643 3869
Andre Kalia - Andre.Kalia@bgr.de - 0511 643 3056
Gernot Hartmann - Gernot.Hartmann@bgr.de - 0511 643 3227

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